Spuren zur Töpferschule Heimberg

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Anlass zur Gründung des «Museums zur alten Töpferei» gab unter anderem das Auftauchen von Keramiken aus einer Töpferschule Heimberg. Die Töpferschulen – auch Zeichen- , Mal- oder Kunstschulen – sollten der Aus-
und Weiterbildung der Hafner dienen; es wurden Kurse für Dreher und für Malerinnen (Ausmacherinnen) angeboten.

1873 fordert Architekt Merz aus Thun bei der Regierung eine berufsbezogene Ausbildung der Töpfer im Heimberg.

1876 Demission des Schreib- und Zeichnungslehrers in Heimberg – Fr. Zyro nach 40jährigem Schuldienst im Alter von 78 Jahren. Zuständig ist die Schulkommission des Progymnasiums Thun, weil sie verpflichtet war,
gewerbliche Schulen zu organisieren. In Heimberg wurde am Sonntagnachmittag und an drei Abenden Schule gehalten.

Vom Departement des Innern wurde die Leitung dieser Kurse Herrn Bielchowsky mit einer monatlich auszuzahlenden Besoldung von 250 Franken übertragen.

Eine eigentliche Schule existierte in Heimberg nicht. Es sollte eine solche durch Mitwirkung eines Schulvereins oder der Gemeinde einerseits und des Staates ins Leben gerufen werden.

Mit den Heimberger Bauerntöpfern war nicht immer leicht auszukommen. Der bestens qualifizierte Bielchowsky stiess auf Misstrauen dem Fremden gegenüber. Die Töpfer befürchteten aber auch, dass an besser ausgebildeten Malerinnen höhere Taglöhne
ausgerichtet werden müssten.

1877 Brief des Departements des Innern an Bielchowsky «…Aus ihrem Bericht ergibt sich, dass die Schule vollständig aufgehört hat und dass sich Ihre Tätigkeit auf den Besuch einiger Werkstätten beschränkt. Dieser Zustand kann nicht geduldet werden…»

Es existieren keine weiteren Angaben zum Projekt «Kunstschule zur Förderung der Töpfer-Industrie in Heimberg».

Neue Elemente kamen in die Heimbergertöpfereien durch Händler, die den Töpfern Zeichnungen und Gefässe (als Vorlagen) lieferten und auch für den Absatz der hergestellten Ware sorgten.

1878 Christian Eyer, Benedikt Künzi und J. Schenk-Trachsel zeigten ihre Werke an der Weltausstellung in Paris und brachten dafür Silber- und Bronzemedallien nach Heimberg. Der Gemeinderat Heimberg gelangt auf Veranlassung von 25 Töpfern mit dem Ersuchen an den Regierungsrat des Kantons Bern es sei eine Zeichnungsschule in Heimberg einzurichten. Franz Keller Leuzinger wird als Lehrer vorgeschlagen. Die ablehnende Antwort war verbunden mit dem Auftrag zuerst ein Organ zu gründen das die Grundlagen (Reglement, verbindliche Regeln und Strukturen) erarbeiten sollte. Der Eifer der Heimberger Töpfer erlahmte und die Angelegenheit Zeichnungsschule wurde vorerst nicht weiter verfolgt.

1878 fanden in den Sommermonaten Zeichnungskurse statt «geleitet durch den hiesigen Oberlehrer Rolli und finanziell unterstützt durch die Gemeinde, durch die Majolikahandlung Keller-Leuzinger und durch die Hafnermeister.»

1879 Weiterführung der Kurse.

1880 Weiterführung der Kurse.

1883 Die Gemeinde Heimberg ruft versuchsweise eine Zeichnungsschule ins Leben (Winter 1883/84).

1884 Bundesbeschluss betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung. Die Zeichenschulen werden vom Staat unterstützt. Im Schuljahr 84/85 wurde die Anstalt von 10 Knaben, 9 Mädchen und 1 Erwachsenen besucht.

1885 Der Zeichnungsschule wurde eine Modellierschule unter Leitung von Lehrer Christian Rolli angegliedert. Der Industrieverein wurde gegründet und übernahm die gesetzliche Aufsicht der Schule.

1887 Die Zeichnungsschule von Heimberg entwickelte sich gut. Die Zeichnungsklasse wurde von 20 Schülern besucht, die Modellierklasse von 9 Schülern im Sommer und 5 Schülern im Winter.

Christian Rolli erhält ein Stipendium von 150 Franken für einen Weiterbildungsaufenthalt zum Besuch der Kunstgewerbeausstellung in München und der Töpferschule Landshut im Hinblick auf die spätere Leitung der Töpferschule.

1888 Der Bericht der Staatsverwaltung berichtet von Differenzen zwischen den Ansprüchen des Lehrers und deren praktischen Verwertung in der Töpferei. Schulfleiss und Kursbesuche lassen zu wünschen übrig. 

1889 «… in der Abteilung der Erwachsenen sahen hingegen die Schülerinnen mit wenigen Ausnahmen das methodische Vorschreiten des Lehrgangs als Plackerei an und blieben nach und nach zurück. Es scheint demnach auch diese Schule sich im Rückgang zu befinden; ..»

1891 «Die Zeichnungsschule im Heimberg fährt fort, in bedenklicher weise zu kränkeln, und zwar infolge der Teilnahmslosigkeit der dortigen Bevölkerung …»

Die anschliessenden Gespräche zwischen allen Beteiligten u.a. auch des Industrievereins und der Gemeinde Heimberg führten zum Schluss, dass nur die Einrichtung einer eigentlichen Lehrwerkstätte helfen könne, welche sowohl den Unterricht im Zeichen und Malen des Geschirrs, als auch im Produzieren desselben auf allen Stufen übernähme.

Die Situation für die Zeichnungsschule für die Töpferei verbesserte sich in der Folge nicht.

1897 Die Zeichnungsschule Heimberg musste aus der Liste der gewerblichen Bildungsanstalten gestrichen werden.

Der Präsident des Industrievereins Heimberg – Johann Friedrich Schenk – stellt an den Gemeinderat Heimberg den Antrag «an den Bau der beabsichtigten Lehrwerkstätte oder Töpferschule, welcher auf Fr. 30’000 devisiert ist einen angemessenen Beitrag zu leisten und zugleich einen gewissen Teil oder eine bestimmte Summe des bezüglichen jährlichen Betriebsbudgets zu übernehmen.»

Nach aufwändigen Vorarbeiten aller Beteiligten kam das Projekt einer Musterwerkstätte in Heimberg am 29.November 1897 an die Gemeindeversammlung zur Abstimmung. Gemeindeschreiber Kammer berichtete dem Kanton: »Gestern wurde die Frage betreffend Erstellung einer Musterwerkstätte für Hafnerei mit 38 gegen 36 Stimmen verworfen.»

1898 Eine zweite Abstimmung führte zum gleichen Ergebnis und das Geschäft Musterwerkstätte in Heimberg war erledigt.

Oscar Blom – Leiter des kantonalen Gewerbemuseums – hatte das umfangreiche Projekt ausgearbeitet. In seinem Jahresbericht 1907 schreibt er rückblickend:» Der Landwirtschaft treibenden Bevölkerung, welche die Mehrheit in der Gemeinde bildet, fehlte das Verständnis für die Bedürfnisse der Industrie; auch einige rückständige Hafner arbeiteten unter der Hand gegen das Projekt; aber es war wohl die grosse Inanspruchnahme der Gemeindefinanzen für die Gründung und den Betrieb der Schule, welche zu diesem Misserfolg führte.

1906 Oscar Blom berichtet: «…Im beständigen Verkehr mit den Produzenten ,Vereinen und Behörden war es ihm dann möglich, in Steffisburg, dicht an der Grenze von Heimberg, wenn auch nicht die angestrebte Lehr- und Versuchswerkstätte , so doch wenigstens die Gründung einer Zeichen- und Modellierschule zu veranlassen. …. In diesem Jahr hat nun auch die Gemeinde Heimberg einen jährlichen Beitrag von 200 Fr. beschlossen.»

Quellen:

  • Aus Beitrag von Barbara Messerli-Bolliger zur Töpferschule Heimberg im Jahrgang 2020 der Keramikfreunde der Schweiz.
  • Aus Jahresbericht pro 1907 des kantonalen Gewerbe-Museums Bern /Bern, 20.Februar 1908 / Oscar Blom
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